Wieso schreibe ich das hier eigentlich? Warum mache ich das? Wofür? Und vor allem für wen?
Gut, die letzte Frage kann ich im Grunde sehr schnell beantworten. Dafür brauche ich auch keine Marktanalyse oder Zielgruppenbestimmung. Ich schreibe das hier für mich. Nur für mich. Ob es jemals jemand lesen wird ist mir nahezu egal. Hier geht es für mich vor allen Dingen darum, meine Gedanken zu sortieren, in dem ich sie zu Papier bringe.
Blind drauf los und immer weiter.
Womit hat das Schreiben bei mir angefangen? Ich glaube das Ganze geht zurück auf meine Schulzeit. Wir haben in der Mittelstufe im Deutschunterricht irgendwann von unserer Lehrerin in einer Doppelstunde die Aufgabe bekommen:
„Holt euren MP3-Player“ (ja, ich bin wirklich so alt) „heraus, macht euch Musik an. Ich teile euch gleich jeweils ein Bild aus. Dann werdet ihr keine Bildanalyse machen. Nein. Das soll heute nicht Teil der Aufgabe sein. Ihr werdet euch einzeln zurückziehen, Musik hören, das Bild anschauen und dann DAS aufschreiben was euch einfällt. Egal, ob ein Zusammenhang zu dem Bild besteht oder nicht. Schreibt einfach alles auf. Wenn ihr nicht mehr weiter wisst, dann schaut wieder auf das Bild und malt nebenbei mit eurem Stift kleine Kreise, die spiralförmig immer größer werden. Das macht ihr so lange, bis eure Gedanken wieder kommen. Schreibt einfach.“
Gibt es richtigere Gedanken?
Die Verwirrung im Kopf einer Pubertierenden ist groß. „Was soll das? Bitte was soll das für eine Aufgabe sein? Wie zur Hölle will meine Lehrerin das jemals bewerten? Wie um Himmels willen, soll man Gedanken bewerten?“ All das war direkt vorherrschend in meinem Kopf. Schließlich wird ja alles was man in der Schule macht irgendwie bewertet. Kleiner Spoiler: Unsere Lehrerin hat sich nicht einen einzigen der Texte überhaupt angeschaut. Es gab schlicht keine Bewertung. Doch was wollte sie dann damit erreichen?
Non vitae sed scholae discimus. (Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir.)
Lucius Annaeus Seneca
Was mir damals überhaupt nicht schlüssig vorkam, ergibt für mich persönlich heute einen Sinn. Wir haben in dieser Übung gelernt völlig wertfrei mit den eigenen Gedanken umzugehen und sie zu Papier zu bringen.
Ich war nie jemand der Tagebuch schreibt. Das war mir zu anstrengend. Zu sehr „typisch Mädchen“. Irgendwie zu gefühlsduselig, irgendwie zu rosa. Zugegeben, ich habe zwei Ansätze gemacht Tagebuch zu schreiben, aber mehr als zwei Tage lang hab ich nie durchgehalten. Ich sah darin damals schlicht keinen Mehrwert. Immer hatte ich das Gefühl meine Gedanken müssten für Außenstehende einen Sinn ergeben. Dabei will doch niemand, dass irgendwer sein Tagebuch liest?!
Immer noch da. Bleibender Eindruck?
An die Übung aus dem Deutschunterricht erinnere ich mich heute noch. Erstaunlicherweise. Ist doch gefühlt aus der Schule kaum noch was hängen geblieben. Aber das schon. Warum?
Ich weiß nicht, wie es meinen Mitschülern mit der Aufgabe ergangen ist. Wir haben danach einfach nie drüber geredet. Auch weiß ich nicht, ob sie sich heute überhaupt noch daran erinnern. Aber für mich ist sie noch immer präsent. Den Mehrwert für mich, den ich aus der Übung mitnehme, ist schlicht die Erkenntnis: Es hilft mir Gedanken auszuformulieren. Sie niederzuschreiben. Damit sind sie nicht mehr wie kleine unkoordiniert umherfliegende Glühwürmchen in meinem Kopf. Sie kriegen Ordnung. Sie malen ein Bild. Sie ergeben irgendwann einen Sinn. Auch wenn das nicht mal zwingend in dem Moment ist, in dem ich sie aufschreibe. Aber irgendwann…ergeben sie einen Sinn. Davon bin ich überzeugt.
Vielleicht für mich.
Vielleicht für andere.
Vielleicht auch einfach für niemanden…